Gesundheit

Die gesundheitliche Versorgung von Geflüchteten in Baden-Württemberg hängt maßgeblich von ihrem Aufenthaltsstatus ab. Dieser bestimmt, welche Art von Gesundheitsleistungen sie in Anspruch nehmen können und wie der Zugang zur medizinischen Versorgung geregelt ist. Im Folgenden wird erläutert, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt und welche Rolle der Aufenthaltsstatus dabei spielt:

 

 

Gesundheitsleistungen für Geflüchtete

 

Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis

Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis sind in der Regel reguläre Mitglieder einer Krankenkasse und haben somit Anspruch auf alle regulären Leistungen Ihrer Krankenkasse.

 

Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen (z.B. Asylsuchende, Geduldete usw.)

Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asyl­bewerber­leistungs­gesetz beziehen werden auch gemäß dem AsylbLG gesundheit­lich versorgt. Das bedeutet, dass der Umfang an medizinischen Leistungen für sie zum Teil eingeschränkt ist und der Zugang zur medizinischen Ver­sorgung meist über die zuständigen Behörden läuft. 

 

 Gesundheitsleistungen für Asylberechtigte, ankerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte

Nach der Anerkennung als Asylberechtigte, Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte erhalten die Betroffenen einen Aufenthaltstitel in Form einer befristeten Aufenthaltserlaubnis und damit Zugang zum regulären Gesundheitssystem, ähnlich wie gesetzlich Krankenversicherte. Das bedeutet eine umfassende Gesundheitsversorgung, Anspruch auf sämtliche gesetzlich vorgesehene Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen, eine vollständige zahnmedizinische Versorgung, umfassende Versorgung während Schwangerschaft und Geburt sowie Zugang zu psychotherapeutischen Leistungen ohne Einschränkungen.

Verweise

 Gesundheitsleistungen für Leistungsempfänger des AsylbLG

Asylsuchende erhalten in Deutschland zunächst keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Geflüchtete, die Grundleistungen nach § 3 oder eingeschränkte Leistungen nach § 1a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen werden nach §§ 4 und 6 AsylbLG gesundheitlich versorgt. Das bedeutet, dass der Umfang an medizinischen Leistungen für sie zum Teil eingeschränkt ist und der Zugang zur medizinischen Versorgung meist über die für Leistungen nach dem AsylbLG zuständigen Behörden läuft.

 

§ 4 AsylbLG (Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt) gewährt eine medizinische Grundversorgung. Ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln ist nur zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände vorgesehen. Ob akute Erkrankungen oder Schmerzzustände vorliegen ist medizinisch zu entscheiden. Sollte ein Termin bei einem Arzt vereinbart werden müssen, ist vorab bei der Leistungsbehörde ein Behandlungsschein zu beantragen. Behandlungsscheine dienen zur Abrechnung der Behandlung zwischen der Praxis und der Leistungsbehörde. Viele Praxen bestehen daher vor Wahrnehmung eines Termins auf die Vorlage des Behandlungsscheins. Zum Behandlungsschein ist es zudem sinnvoll einen Nachweis zur Befreiung der Zuzahlungen für Medikamente zu beantragen. Bei einer Notfallbehandlung werden die Kosten der Behandlung des Krankenhauses direkt über die Leistungsbehörde abgerechnet. Gleiches gilt auch für den Transport eines Rettungswagens. Zudem besteht ein Anspruch für werdende Mütter und Wöchnerinnen auf medizinische Versorgung.

 

Die in § 4 genannten Leistungen werden ergänzt um sonstige Leistungen gem. § 6 AsylbLG. Hierbei wird unterschieden zwischen Leistungen die zur Sicherung des Lebensunterhalts oder zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung verwaltungsrechtlicher Mitwirkungspflichten erforderlich sind. Bei der Gewährung handelt sich immer um eine Einzelfallentscheidung. Zu Leistungen zur Sicherung der Gesundheit gehören unerlässliche Dinge wie Krankengymnastik und Physiotherapie oder die Gewährung von Hilfsmitteln wie Brillen, Hörhilfen oder Körperersatzstücke. Zur Beantragung der Übernahme ist es zwingend erforderlich, ärztliche Verordnungen der Leistungsbehörde vorzulegen.

 

Ab einem Aufenthalt von 36 Monaten im Bundesgebiet besteht durch den Anspruch auf Analogleistungen gem. § 2 AsylbLG. Die Krankenbehandlung wird ab diesem Zeitpunkt von den Krankenkassen übernommen (§ 264 Abs. 2 fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V)). Analogleistungsempfänger erhalten demnach in gleichem Umfang Leistungen zur Krankenbehandlung wie andere Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie haben zudem ein Wahlrecht bzgl. der Krankenkasse (§ 264 Abs. 3 S. 1 SGB V). Die Leistungsbehörde versendet hierzu vorab eine Wahlerklärung zur Wahl der Krankenkasse. Das Integrationsmanagement kann beim Ausfüllen der Wahlerklärung unterstützen.

Verweise

 Psychotherapeutische Unterstützung oder Beratung:

Veetriebene aus Kriegs- und Krisengebieten können mit traumatischer Erfahrung in die Beratungen kommen. Sie können vor und während der Flucht mit grausamen und lebensbedrohlichen Erlebnissen konfrontiert worden sein. Solange die Gesundheitsversorgung über § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt wird, ist der Zugang zu einer Psychotherapie oder Beratung nicht ganz leicht, da hauptsächlich Not- und Akutbehandlungen vorgesehen sind. Die zuständigen Behörden müssen eine Behandlung als erforderlich einschätzen und bewilligen. Wenn eine Behandlung bewilligt wurde, folgt eine Wartezeit auf einen Therapieplatz. Die meisten Asylbewerber und Geflüchteten werden in dieser Zeit durch Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (PSZ) behandelt.

 

Die PSZ sind psychotherapeutische und psychosoziale Versorgungszentren für zumeist schwer traumatisierte Geflüchtete. Sie halten zielgruppenspezifische und kultursensible Versorgungsangebote vor und helfen bei Bedarf auch bei der Bahnung ambulanter und stationärer Therapieplanung und des Übergangs in bestehende konventionelle Versorgungsmodelle. Es gibt psychosoziale, therapeutische und weitere niedrigschwellige Unterstützungsangebote in einem meist interdisziplinären Team. In Deutschland gibt es 42 Psychosoziale Zentren (Stand 2019). Die Aufnahme erfolgt über ein Wartelistensystem.

 

Zudem gibt es in Baden-Württemberg mehrere Opfer- und Traumaambulanzen (OTA). Hier ist nach Inkrafttreten von SGB XIV Anfang 2024 ein weiterer Ausbau geplant und notwendig.

 

Für viele Menschen ist das Mitwirken einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers für die Behandlung notwendig. Die Finanzierung von Dolmetschenden kann bei Sozialämtern beantragt und im Rahmen des AsylbLG übernommen werden. Auch hier muss mit einer Wartezeit für die Bearbeitung gerechnet werden. Bei Ablehnung kann ein Widerspruch eingelegt werden. PSZ besitzen einen eigenen Pool an Sprachmittlerinnen und Sprachmittler.

 

Nach den ersten 18 Monaten Aufenthalt haben Geflüchtete Anspruch auf eine medizinische Versorgung wie gesetzlich Versicherte. Für Psychotherapie ist jedoch eine Kassenzulassung erforderlich. Aufgrund des Mangels an Psychotherapeutinnen mit Kassensitz wurde durch das Asylpaket I im Oktober 2015 die Möglichkeit geschaffen, dass auch Psychotherapeutinnen ohne Kassensitz sich zur Behandlung von Asylsuchenden mit Leistungen nach §2 AsylbLG ermächtigen lassen können.

 

Weitere Informationen sowie Informationen zum Umgang mit Flucht und Trauma in der Beratung unter: Flucht & Trauma Archive - BAfF-Zentren

 

Auflistung psychosozialer Zentren in Baden-Württemberg:

 

Psychosoziale Zentren- BAfF-Zentren Psychotherapeutinnen und Psychotherapeutensuche in Baden-Württemberg: Psychotherapeutensuche | LPK BW (lpk-bw.de) 

 

Auflistung ermächtigter Psychotherapeut*innen (ohne  Kassensitz):  Psychotherapeut*innen - BAfF-Zentren

 

Einen Überblick über die Opfer- und Traumaambulanzen (OTA) in Deutschland und Baden-Württemberg finden Sie hier: https://projekt-hilft.de/

 

Einen allgemeinen Überblick über die psychiatrische Versorgung in Baden-Württemberg finden Sie hier: Wegweiser Psychiatrie: Wegweiser Psychiatrie: Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg (baden-wuerttemberg.de)

Verweise

 Behandlungszentrum für Folteropfer

Auch das Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm (BFU) unterstützt Geflüchtete mit Foltererfahrung. In dem landesweiten Netzwerk arbeiten niedergelassene ÄrztInnen, TherapeutInnen, Soziale Dienste, Kliniken und SozialarbeiterInnen für eine angemessene und medizinische, soziale und rechtliche Versorgung der Opfer. Das BFU ist auch ein Psychosoziales Zentrum.

Verweise
zurück